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Karl-Wilhelm Weber, „Die unheiligen Spiele. Das Antike Olympia zwischen

Legende und Wirklichkeit“, Artemis & Winkler, 1991

2, 3, 4

Volkwin Marg / Akademie der Künste und Gert Kähler, „Choreographie

der Massen: Im Sport. Im Stadion. Im Rausch.“, Jovis, 2012

wechselbaren Erscheinung zu einem markanten Element der

Stadtsilhouette. Waren die Stadien in Südafrika damit deutlich

ortsbildend an zuvor weitgehend unbeschriebenen Orten, folg-

ten für gmp Architekten im Anschluss drei Projekte in Mittel-

und Osteuropa mit spürbar vorhandener historischer und sym-

bolischer Bedeutung: die bereits erwähnten Nationalstadien

in Warschau und Kiew zur Fußballeuropameisterschaft 2012

sowie fast zeitgleich die Nationalarena in Bukarest. Alle

Projekte waren Umbauten bestehender Anlagen und wurden

damit sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne –

wie das Olympiastadion in Berlin – „auf alten Fundamenten“

errichtet.

Das vierte Trio

Abgesehen von größeren Sportparks in China – in Foshan,

Shenzhen oder Shanghai – folgten als viertes Trio in der

Chronologie von gmp die Stadien für die Endrunde der

Weltmeisterschaft in der Heimat des Rekordweltmeisters

2014 in Brasilien. Neben dem Umbau des denkmalgeschütz-

ten Stadions in Belo Horizonte entstanden die Neubauten

der „Arena da Amazônia“ in Manaus sowie das „Estádio

Nacional de Brasília Mané Garrincha“ in Brasilia, das als

größter Bau an der Zentralachse des Stadtplans monumental

in Erscheinung tritt. Zur diesjährigen Fußballweltmeisterschaft

in Russland wurde gmp ebenfalls mit dem Entwurf mehrerer

Stadien betraut. Bis 2014 plante gmp für die Spielstätten in

Wolgograd, Nischni Nowgorod und Samara drei Neubauten

für je rund 45.000 Zuschauer, die anschließend, basierend auf

den Entwürfen des Büros, realisiert wurden.

Unverwechselbare Gestalt

Diese über mehr als ein Jahrzehnt entstandenen 15 Stadien

für Europa- oder Weltmeisterschaften auf drei Kontinenten

führten bei den bekanntermaßen strengen Reglements für

Großereignisse gleichwohl zu 15 ganz unterschiedlichen

Architekturen. Die gestalterische Vielfalt korreliert dabei mit

der Forderung, jedem Stadion eine unverwechselbare Gestalt

zu verleihen und damit einen medialen Wiedererkennungswert

zu schaffen, ein Symbol für Verein, Stadt oder aber für ein

Foto: gmp Architekten von Gerkan Marg und Partner

Autor: Igor Markov

geboren 1973 in Sankt Petersburg

studierte Architektur an der Akademie der Künste in Sankt Petersburg. Ein

Jahr nach seinem Studium zog es ihn nach Berlin, wo er sechs Jahre für

gmp Architekten und drei Jahre für nps Tchoban Voss arbeitete. Es folgte

eine Partnerschaft bei mzp Markov Zolyom, die jedoch nur zwei Jahre

bestand. Es folgte wieder eine Anstellung bei nps Tchoban Voss, dies-

mal für drei Jahre. Seit 2013 ist Igor Markov wieder für gmp Architekten

tätig. Für das Büro war er unter anderem für die Modernisierung des

Olympiastadions in Berlin und der Commerzbank-Arena in Frankfurt sowie

den Neubau des Stadions FK Krasnodar zuständig.

www.gmp-architekten.de

ganzes Land. Genau in diesem Sinne transportieren Stadien

– egal ob Neubau oder Modernisierung – für sich genommen

politische Statements oder Versprechen.

Individuelle Faktoren

Bei den Stadionentwürfen, die gmp Architekten realisiert hat,

sind es jedoch keineswegs äußerlich applizierte Formen, die

die Architekturen in ihrer Vielfalt bestimmen. Denn so arche-

typisch einheitlich die Bauaufgabe Stadion auch erscheinen

mag, so sehr beeinflusst eine Vielzahl von individuellen

Faktoren und Parametern, die in den architektonischen

Entwurf einfließen, jedes einzelne Projekt: die Frage, ob Um-

oder Neubau, die jeweilige Zuschauerkapazität, die städte-

baulichen Bezüge, die Topografie, klimatische Bedingungen,

die projektierten Nutzungsszenarien als reine Fußballarena,

als Mehrzweck- oder Leichtathletikstadion, die variierende

Geometrie der jeweiligen Stadionschüssel, aber auch Zwänge

des Bauablaufs bei laufendem Betrieb.

Rational-logisch

Jeder architektonischen Aufgabe stellt sich gmp daher

mit einem ganzheitlichen Lösungsansatz. Angesichts der

heute verfügbaren technischen Möglichkeiten, auch im

Rahmen des Übergangs von der analogen zur digitalen

Planungs- und Fertigungstechnik, bietet sich eine Vielfalt

von Entwurfsansätzen, die den erwünschten Ausdruck

unverwechselbarer Identität erleichtern. Bei dieser integ-

rativen Arbeitsweise begegnen sich Verstand und Gefühl

– die rational-logische Ableitung der Form aus der Funktion

und aus der optimalen Konstruktion sowie die emotional-

intuitive Setzung der Form als Ausdruck für die formensprach-

lich inhaltliche Deutung des Inhalts. Es geht dabei also

um die Zeichenhaftigkeit nach außen, jedoch immer in

Übereinstimmung mit der konstruktiven Logik im Sinne der

Stimmigkeit von Form und Konstruktion.

Fotos: Marcus Bredt