Bildung braucht Schule. Und für eine weltoffene Bildung in einer Umgebung, die sich derzeit wieder unsicher anfühlt, steht der neue jüdische Campus in Berlin. Zeitgenössische Architektur, die alle baulich relevanten Gebote der Mitzwot einhält und dabei jungen Menschen aller Konfessionen und Religionen offensteht.
Standort: Westfälische Straße 15, Berlin, DE
Architekt: TCHOBAN VOSS Architekten, Berlin, DE
Fertigstellung: 2023
Hörmann Produkte: 1- und 2-flügelige Aluminium-Rohrrahmenobjekttüren HE 311, 321, A/RS 100, 150, 200, 250 (tlw. mit Seitenteil und Oberlicht); Festverglasungen HE 331 und A/RS 350
Wer 2025 wissen will, wie sich jüdisches Leben in Deutschland anfühlt, der reise nach Berlin und in den Stadtteil Charlottenburg – zwischen Halensee und Wilmersdorf. Einfallslose große Blocks wechseln sich mit kleineren Wohngebäuden und gestaltlosen Gewerbebauten ab. Dazwischen steht nun der neue jüdische Campus, nicht als ambitionierter Fremdkörper in belangloser Umgebung, sondern als selbstbewusstes Statement und weltoffene Einladung.
Mit Sicherheit
Das Judentum gehört zu Deutschland, seit es dieses Land gibt. Und der Campus ist Beweis, dass jüdisches Leben in Berlin wachsen und gedeihen kann – allerdings nur, solange für die Sicherheit gesorgt ist. Wer den neuen Campus der Jüdischen Gemeinde Chabad Berlin e.V. besuchen möchte, der muss zuerst an der Berliner Polizei vorbei. Auf die Überprüfung durch einen privaten Sicherheitsdienst und die Registrierung, damit jederzeit klar ist, wer sich im Gebäude befindet, folgen der Metalldetektor, die Drehkreuze, und endlich ist der Gast angekommen.
Die hohe Umfassungsmauer hat zwar große Öffnungen aus schusssicherem Glas. Der Street-Artist TOBO aka Tobias Friesike hat die massiven Teile der Betonwand ungewöhnlich farbig gestaltet. Doch das bedrückende Gefühl bleibt bestehen, dass mitten in Deutschland jüdisches Leben nur unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen möglich ist. Erst im Inneren des tiefblauen Gebäudes wechselt die Atmosphäre. Aus Bedrohung wird Heiterkeit, auf Beklemmung folgen die lärmende Stimmung und das allgegenwärtige Kinderlachen in einer Schule. Denn so hoch die Sicherheitsstandards auch sind, sie stehen tatsächlich im Gegensatz zum Grundkonzept des 8000 Quadratmeter großen Campus. Denn die 450 Plätze in Kita, Grundschule und Gymnasium stehen nicht nur dem Nachwuchs der orthodoxen Gemeinde zur Verfügung. Dem Pressesprecher von Chabad Lubawitsch ist es wichtig zu sagen, dass auch Kinder anderer jüdischer Gemeinden und aller anderen Religionen willkommen sind.
Symbolik
Sergei Tchoban entwarf das kurvige Bauwerk in Anlehnung an die Torarolle, jenes handgeschriebene, um zwei hölzerne Stäbe aufgewickelte Pergament mit den 613 Geboten, das in jeder Synagoge aufbewahrt wird. Die schützende Mauer, die Fassade und das Interieur bergen zahlreiche religiöse und kulturelle Symbole des Judentums. Das Blau der Außenwand soll an die göttliche Offenbarung erinnern. Im Inneren des Haupteingangs leuchten zwei kabbalistische Lebensbäume der Künstlerin Anna Nezhnaya. Die Eiche auf der einen Seite steht für Deutschland, der Olivenbaum auf der anderen steht für Israel. Fast allgegenwärtig ist der kleine Behälter namens Mesusa an den Türen, der ein Stück Pergament enthält. Ohne diese Schriftkapsel würden sich die Unterrichtsräume nicht von anderen deutschen Schulen unterscheiden – wenn man einmal von der Ausstattung der Klassenräume und der Sporthalle absieht, die so hochwertig wohl nur an wenigen staatlichen Schulen zu finden sein dürfte.
Wachstum
Finanziert wurde das Zentrum durch Gelder des Bundes, des Landes Berlin und zahlreicher Privatpersonen und Stiftungen – vorneweg durch die namensgebende PEARS-Stiftung, hinter der eine britisch-jüdische Milliardärsfamilie steht. Und noch ist der Campus nicht komplett. Das Gemeindezentrum soll erweitert werden. Die Synagoge wird umgebaut und vergrößert. Denn Berlins jüdische Gemeinden wachsen – auch in der gegenwärtig eher bedrohlichen Atmosphäre.
Lange konnten sich jüdische Mitbürger in Deutschland sicher fühlen. Achtsam blieben sie trotzdem. Vor allem die wichtigen öffentlichen Gebäude sind seit dem Zweiten Weltkrieg geschützt. Und das zahlt sich heute aus. Sicher ist auch das neue „Pears Jüdischer Campus“ in Berlin. Um den Kindern aber nicht das Gefühl zu geben, eingesperrt zu sein, sollte das Gebäude zumindest in der inneren Struktur möglichst offen wirken. Neben seiner Funktion als Feuer- und Rauchschutz ist es also auch die Transparenz der vollflächig verglasten Türblätter, die zur Wahl der Aluminium-Rohrrahmenobjekttüren geführt hat. Wo immer es den Raum gab, sind sie durch Seitenteile oder Oberlichter ergänzt. Die Profile sind mit einer Ansichtsbreite von 150 Millimetern recht schmal gehalten und mit einer schwarzen Metallic-Feinstruktur-Farbe lackiert. Die Türen, die in Flucht- und Rettungswegen stehen, sind als Fluchttüren konzipiert. Das heißt, sie sind mit einer Druckstange aus Edelstahl ausgestattet, die auf der Bandgegenseite angebracht ist, sodass sich die Türen in einer Paniksituation ohne das Drücken einer Klinke problemlos nach außen öffnen lassen und sich kein Personenstau entwickelt.
Standort: Westfälische Straße 15, Berlin, DE
Bauherr: Jüdische Gemeinde Chabad Berlin e.V., Berlin, DE
Architekt: TCHOBAN VOSS Architekten, Berlin, DE
Tragwerk: Ingenieurbüro Bendel Bradke Lang Bauwesen, Berlin, DE
BGF: 7000 m²
Fertigstellung: 2023
Fotos: Laura Thiesbrummel, München, DE
Hörmann Produkte: 1- und 2-flügelige Aluminium-Rohrrahmenobjekttüren HE 311, 321, A/RS 100, 150, 200, 250 (tlw. mit Seitenteil und Oberlicht); Festverglasungen HE 331 und A/RS 350