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Hierarchiefrei

Verlagsgebäude der „taz“ in Berlin

von E2A Piet Eckert und Wim Eckert Architekten

Weltanschaulich geprägte Arbeitgeber sind komplex. Während ganz normale Firmen nicht zwangsläufig alles glauben, was sie öffentlich predigen, ist dies bei Unternehmen mit einem echten Anliegen ganz anders. Und wenn die linke Tageszeitung „taz“ ein neues Bürogebäude braucht, dann ist dies architektonisch eine besonders schwere Herausforderung.


Standort: Friedrichstraße 21, Berlin, DE
Architekt: E2A Piet Eckert und Wim Eckert Architekten, Zürich, CH
Fertigstellung: 2018
Schörghuber Produkte: T90 Brandschutztür, Schallschutztüren Rw,P = 37 dB, Vollspantüren, Holzumfassungszargen ohne Zierfalz
Hörmann Produkte: 2-geteilte Stahlumfassungszargen Laschen-Klemm-Befestigung zum nachträglichen Einbau


Der "Werkstatt-Charakter" wird auch am Empfang der taz deutlich, der auch Druckerzeugnisse annimmt und zwischenzeitlich lagert.

„Storytelling“ heißt eine bewährte architektonische Gestal­tungs­methode bei Markenartiklern. Erlebnisräume sollen vermitteln, wofür Produkt und Firma stehen. Dass die „Story“ zumeist frech erfunden wurde, schert eigentlich niemanden. Die Mitarbeiter wissen es, und die Kunden ahnen es (wollen aber nur zu gerne über die Hautcreme belogen werden). Komplizierter wird es dagegen in Fällen wie der katholischen Kirche – oder der „taz“. Sowohl Mitarbeiter wie Kunden (also die Gläubigen beziehungsweise die Zeitungsleser) vertrauen dem Wahrheitsgehalt der Story – und reagieren allergisch auf Lügen und Inkonsistenzen. Die Katholiken haben eine seit 2000 Jahren geltende schriftliche Grundlage. Das weltanschauliche links-grüne Milieu, in der die „taz“ seit 40 Jahren gedeiht, ist dagegen so heterogen wie streitlustig, und ihre Glaubenssätze sind durchaus in Bewegung. Die architektonische Selbstdarstellung der Tageszeitung ist also eine harte Nuss, und es galt sie zu knacken, als beschlossen wurde, alle rund 250 Mitarbeiter unter einem neuen und eigenen Dach unterzubringen.

Vorzeigeprojekt
Das Kreuzberger Biotop zu verlassen war kaum vorstellbar. Auf der Brachfläche eines Blumengroßmarktes, ­wenige Schritte vom alten Standort entfernt und weiterhin in Sicht­weite zum Lieblingsfeind „Bild-Zeitung“, entstand deshalb bis Ende 2018 ein bemerkenswerter Neubau. Denn schließlich ist die „taz“ kein x-beliebiges Unternehmen. Unter immer härter werdenden publizistischen Rahmenbedingungen ist sie ein journalistisches Vorzeigeprojekt von bewundernswerter Unabhängigkeit, an das Leser und Anhänger glauben. Dass die Methodik des Kirchenbaus für den Entwurf des „taz“-Gebäudes taugt, ist angesichts der Analogien naheliegend. So sehr ein Gotteshaus mit der tradierten christlichen Semantik überformt ist und sich der unter Gläubigen allgemein bekannten Symbole bedienen kann, so sehr vertrauten E2A Piet Eckert und Wim Eckert Architekten auf die offensichtliche „Lesbarkeit“ des Entwurfes durch das „taz“-Milieu, indem sie deren vertraute Metaphorik als Bedeutungsträger nutzten. Das chronisch unterfinanzierte und von knapp 19.000 selbstlosen Genossenschaftlern getragene Medienprojekt der „taz“ hat definitiv kein Geld zu verschwenden. Deshalb wurde eine netzartige Statik gewählt, die möglichst wenige Bauteile benötigt, deren Oberflächen ohne Veredelung auskommen. Statt schicker Büroräume gibt es eine ruppige Werkstatt-Atmosphäre. Eine plakative Sparsamkeit ist dem Gebäude anzusehen.

Ikonografisch
Das laut Architekten „hierarchiefreie System“ dieser Statik bestehe aus Elementen, „in der alle Teile gleich viel leisten müssen und nur zusammen Stabilität erreichen“. Schöner hätte es auch die Gründergeneration der „taz“ nicht formulieren können, die seinerzeit – vom Büroboten bis zur verantwortlichen Redaktion – allen dasselbe Gehalt bezahlte. Und die aufwendige, ikonografische Fassade erinnert schließlich an den frühsowjetischen Konstruktivismus. Mit ihrer Funktionalität als Raucherbalkon ist sie dem Aufwand allerdings kaum angemessen. Im Inneren dominiert als einzige Farbe das Rot des Bodens. Ob Blau, Schwarz oder Braun jemals auch nur zur Debatte standen, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden. Das eigens entwickelte und mit der „taz“-Tatze gelabelte Cafeteria-Mobiliar erinnert vage an Bauhaus-Formen, und wer sich nach einem Verlagsbesuch ein Andenken sichern möchte, der ist im Devotionalien-Shop der „taz“ willkommen. (Nein, es ist kein Ableger von „Manufactum“!) Dort werden weltanschaulich passende Mitbringsel feilgeboten, die den Glaubensgrundsätzen der „taz“-Gemeinde so exakt entsprechen wie das ganze Bürogebäude.

Überraschend: Schreine zur Erinnerung an verstorbene Redakteure verteilen sich im Besprechungsraum.
Regale trennen die offenen Büros in separate Arbeitsbereiche.
Raum für Veranstaltungen, aber auch für Yoga und Tischtennispartien bietet das Panoramabüro.
In der öffentlichen Kantine essen nicht nur die Redakteure zu Mittag.
Die Kantine kann in unterschiedliche Räume aufgeteilt werden. Hier finden auch Veranstaltungen der „taz“ statt.

Schörghuber Expertise:
Schallschutz- und Vollspantüren

Dass die „taz“ nichts zu verschenken hat, gleichzeitig aber für eine gewisse Qualität stehen will, sieht man ihrem Verlagsgebäude an. Kein Prunk, kein Protz – eine offene Werkstatt hat sich der Verlag gewünscht. Obwohl also viel freie Fläche vorhanden ist: So ganz ohne Türen geht es dann doch nicht. Allerdings mussten sie zum architektonischen Konzept passen. Und das ist angelehnt an die Rauheit einer Werkstatt: Sichtbeton ohne Oberflächenveredelung. Passend dazu sind viele der Türen und Stahlzargen in verschiedenen Grautönen lackiert – je nach Funktion. So wurde die T90 Brandschutztür mit einem dunkleren Ton versehen als die Türen ohne Funktion. Ebenfalls gräulich wirken die Schallschutztüren und Vollspantüren, die mit einer zwei Millimeter starken Aluminium-Decklage ausgeführt wurden. Einige der Türen sind auf Band- und Bandgegenseite unterschiedlich lackiert – zum Teil etwas überraschend in Verkehrsblau. Allen Türen gemein sind die verdeckt liegenden Bänder und Schließer, Schlösser mit Flüsterfalle sowie die Premium-Lackierung. Einzige Ausnahme: Zwei Vollspantüren sind mit Holzzarge, VX-Bändern ausgeführt und mit HPL-Oberfläche beschichtet.

Standort: Friedrichstraße 21, Berlin, DE
Bauherr: taz, die tageszeitung. Verlagsgenossenschaft eG, Berlin, DE
Architekt: E2A Piet Eckert und Wim Eckert Architekten, Zürich, CH
Bauingenieur: Schnetzer Puskas International AG, Basel, CH
Fassaden-Planung: Emmer Pfenninger Partner, Münchenstein, CH
TGA-Planer: EBP, Ernst Basler und Partner, Berlin, DE / PHA-Planungsbüro, Volkmarsen, DE
Brutto-Grundfläche: 7820 m²
Netto-Grundfläche: 7105 m²
Netto-Fläche: 5417 m²
Brutto-Rauminhalt: 29.629 m³
Kosten: rund 21 Mio. €
Fertigstellung: 2018
Fotos: Stephan Falk, Berlin, DE / Rory Gardiner, London, GB / Yasu Kojima, Berlin, DE / Andreas Muhs, Berlin, DE
Verarbeiter: Baierl & Demmelhuber Innenausbau, Töging, DE
Schörghuber Produkte: T90 Brandschutztür, Schallschutztüren Rw,P = 37 dB, Vollspantüren, Holzumfassungszargen ohne Zierfalz
Hörmann Produkte: 2-geteilte Stahlumfassungszargen Laschen-Klemm-Befestigung zum nachträglichen Einbau

Trotz Werkstatt-Charakter wirkt das Gebäude edel. Einen Teil dazu tragen die schlichten Türen von Schörghuber bei.
Einige Türen sind auf einer Seite in kräftigem Blau lackiert.
Das dezente Grau der Türen passt zu den rohen Betonwänden.
Und auch hinter der blauen Tür geht es farbig zu.
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